Ich liebe diese grünen Landschaften an der spanischen Costa del Sol im Herbst.
Stopp! Da kratzt doch die Plattennadel hart über das Vinyl. Die Costa del Sol ist im Herbst nicht grün, der Sommer hat den Küstenstreifen und auch das Hinterland ausgedörrt und im Landeanflug auf den Flughafen Malága erscheinen die wild verteilten grünen Bahnen der zahllosen Golfplätze seltsam surreal, während der unverbaute Rest aus einiger Höhe wie das Fell eines verfilzten alten Teddybären wirkt.
Doch auch das Straßenbild ist hier nicht gerade von frischen Farben geprägt. Hier dominieren klapprige Kastenwagen aus französischer Produktion und verbeulte Kompakte spanischer Herkunft das Straßenbild. Vereinzelt fallen nur noble Range Rover mit gelben Nummernschildern auf. Ach ja, die Engländer. Im gesetzten Alter und mit dem nötigen Kleingeld überwintern sie hier gerne.
Und dann komm ich. In einem blitzeblank polierten Coupé, auf dem die kunstvoll ins Blech modellierten Lichtkanten im goldenen Licht der späten Nachmittagssonne so wunderbare Schatten auf das Karosseriekleid werfen. Ich komme mir vor wie ein Außerirdischer, der verliebt auf sein glitzerndes Raumschiff starrt, dessen Antrieb gerade verstummt ist. Nach dem Flug durch eine trockene und trotzdem so erfrischende Region haben wir beide eine Pause auch verdient. Knisternd knackt es rund um den Antriebsstrang und über den Powerdome der Motorhaube schwirrt die Hitze.
Es ist ruhig hier oberhalb von Malaga und das Triebwerk musste einiges leisten, um so ins Schwitzen zu kommen, dass die bordeigenen Lüfter leise vor sich hinzusirren beginnen. Ich sitze auf einem rötlichen Felsbrocken dieser ach so kargen Landschaft und mein Blick schweift über die flache Silhouette des Zweitürers Richtung Afrika.
Wie Zinnen stechen die Gipfel jenseits der Meerenge von Gibraltar durch die Wolken. Ähnlich spitz ist bei meinem mitgebrachten Sternenkreuzer nur die Abrisskante auf dem Kofferraumdeckel. Die braucht der Wagen auch, denn wenn mechanische Traktion nicht mehr ausreicht, muss eben auch die Aerodynamik helfen, unbändige Kräfte auf den Boden zu bringen. 375 kW sind es hier, doch auch im 21. Jahrhundert bleiben Pferdestärken verständlicher. 510 besitzt dieses Gefährt und die machen mit der eigens für dieses Auto konstruierten Hinterachse bei Bedarf eigentlich alles, was sie wollen.
Instant Oversteer
Da helfen keine starren Lager, keine 285 Millimeter breiten Walzen, mehr negativer Sturz oder eine so breite Spur, dass sich das Blech lasziv über die 19 Zoll Rädern spannt. Instant Oversteer geht eigentlich immer und überall und bedarf nur eines leichten Tritts auf das Gaspedal. Doch dank des oben genannten Aufwands kann diese imposante Kraft immerhin gebändigt werden. Denn das Mercedes-AMG C63 S Coupé keilt nicht hintertückisch aus, vielmehr arbeitet ein elektronisches Hinterachs-Sperrdifferenzial so feinfühlig, dass man regelrecht zu spüren meint. wie sich beide Gummis in die Bitumen verbeißen. Kraftschluss fühlbar.
Synapsen-Rausch
Und genau darum brauche ich auch die Pause, denn irgendwann kommen deine Synapsen nicht mehr klar mit dem Rausch, in den du dich hier oben in den Bergen Andalusiens gefahren hast. Die nicht enden wollenden Interpretationen des Themas „Kurve“ mit unterschiedlichsten Radien und Überhöhungen steigern nämlich sukzessive Adrenalinspiegel, Puls und Schweißabsonderung ins Unermessliche. Mit der unermüdlichen Hochleistungs-
Der Gedanke an die zurückliegenden Kilometer jagt mir einen wohligen Schauer über den Rücken und langsam kann ich auch wieder klare Gedanken fassen. Auch die prächtige Antriebseinheit mit ihren 700 Newtonmetern hat sich wieder beruhigt und benötigt keine Luft mehr zugefächert. Ich löse mich nur ungern von dem sich mir bietenden Panorama, welches langsam mit der Glut des Abendrots getränkt wird. Doch ich muss weiter und öffne die lange rahmenlose Türe, um mich wieder in die feinen Klapp-Schalensitze gleiten zu lassen. Den AMG Dynamic Select Regler schiebe ich jetzt von „Race“ auf das Fahrprogramm „Comfort“. Durch den Boliden fährt ein leichter Schauer der Entspannung. Die Dämpfer lockern sich, die Auspuffklappen schliessen sich, die Kupplungsscheiben des MCT-Getriebes lassen sich wieder etwas mehr Zeit bei der Gangwahl und unter der Last von doch sehr üppigen 1,8 Tonnen knirschen die Sportreifen auf dem Schotterparkplatz. Der herrlich glitzernde Provokateur rollt an und verschwindet mit mir trotzdem unauffällig im gemächlichen Straßenverkehr der andalusischen Nachsaison. Am nächsten Morgen werde ich das ausgedörrte Andalusien wieder verlassen.
Und auch ohne sattes Grün vermisse ich schon jetzt: die grandios gewundenen Landtrassen und das mächtige Mercedes-AMG C63 S Coupé.