Der Absturz der deutschen Autopremium-Giganten

Wie BMW, Mercedes und Porsche in den perfekten Sturm gerieten Die Zahlen lesen sich wie ein Horrorfilm für deutsche Automobilvorstände:…

Wie BMW, Mercedes und Porsche in den perfekten Sturm gerieten

Die Zahlen lesen sich wie ein Horrorfilm für deutsche Automobilvorstände: Mercedes-Benz stürzt um 55,8 Prozent ab, Porsche verliert 91 Prozent seines Gewinns, und selbst das lange als krisenfest geltende BMW büßt 29 Prozent ein. Was wie ein vorübergehendes Marktbeben aussieht, entpuppt sich als tektonische Verschiebung einer ganzen Branche.

Die Gewinnlawine rollt unaufhaltsam

Die nackten Zahlen zeichnen das Bild einer Branche im freien Fall. BMW, einst stolz auf seine Krisenresilienz, sah seinen Nettogewinn 2024 um 37 Prozent auf 7,7 Milliarden Euro schrumpfen. Im ersten Halbjahr 2025 setzte sich der Sinkflug fort: Minus 29 Prozent auf vier Milliarden Euro – und das trotz stabiler Verkaufszahlen von 1,2 Millionen Fahrzeugen.

Bei Mercedes-Benz gleicht die Gewinnentwicklung einer Achterbahnfahrt nach unten. Nach einem 28-prozentigen Rückgang auf 10,4 Milliarden Euro im Jahr 2024 folgte der große Knall: Im ersten Halbjahr 2025 brach der Gewinn regelrecht ein – um dramatische 55,8 Prozent auf nur noch 2,7 Milliarden Euro.

Am härtesten traf es jedoch die Volkswagen-Gruppe mit ihren Premiumtöchtern. Porsche, einst die Gelddruckmaschine des Konzerns, erlebte im zweiten Quartal 2025 einen beispiellosen Absturz: 91 Prozent Gewinnrückgang. Bei Audi verschwanden zwei Drittel des Profits wie Schnee in der Sonne.

China: Vom Goldmarkt zum Sorgenkind

„China war unser Eldorado – jetzt ist es unser Albtraum“, könnte das inoffizielle Motto deutscher Automanager lauten. Der einst goldene Markt entwickelt sich zum größten Stolperstein.

BMW spürt den chinesischen Gegenwind besonders scharf: Allein im ersten Quartal 2025 brachen die Gewinne dort um 26,4 Prozent ein. Mercedes verzeichnet Rückgänge von zehn Prozent im ersten und 19 Prozent im zweiten Quartal. Bei Porsche verschwanden 28 Prozent der chinesischen Käufer – als würde jeden vierten Tag ein großer Showroom für immer schließen.

Der Grund: Chinesische Elektroauto-Hersteller wie BYD oder Nio drängen mit aggressiven Preisen und innovativer Technologie die deutschen Premiummarken ins Abseits. Was BMW, Mercedes und Co. jahrzehntelang in China als Statussymbole verkauften, wirkt plötzlich altbacken neben den hochmodernen, vernetzten E-Fahrzeugen der heimischen Konkurrenz.

Handelskrieg: Wenn Zölle zu Gewinnkillern werden

Als wäre der chinesische Markteinbruch nicht genug, schlagen nun auch noch US-Handelszölle zu wie ein zweischneidiges Schwert. Die neuen 15-prozentigen Importzölle auf EU-Autos kosten Mercedes 362 Millionen Euro allein im zweiten Quartal 2025. Porsche muss im ersten Halbjahr 400 Millionen Euro zusätzlich schultern.

BMW trifft es besonders perfide: Die elektrischen MINIs, die das Unternehmen ironischerweise in China für den US-Markt produziert, werden jetzt mit 31 Prozent Zoll belegt. Das drückt die Marge um 1,25 Prozentpunkte – als würde BMW jeden vierten verkauften MINI praktisch verschenken.

Der Volkswagen-Konzern rechnet mit Zollkosten von 1,3 Milliarden Euro. „Das ist, als müssten wir eine mittlere Fabrik ein ganzes Jahr lang umsonst arbeiten lassen“, beschreibt ein Insider die Dramatik.

Restrukturierung: Operation am offenen Herzen

Während die externen Schocks die Konzerne erschüttern, führen sie gleichzeitig schmerzhafte Operationen an sich selbst durch. Mercedes startet ein radikales Sparprogramm mit dem Ziel, Produktionskosten um zehn Prozent bis 2027 zu senken. Das Margin-Ziel wurde bereits von optimistischen 10+ Prozent auf realistische 6-8 Prozent gekappt.

Bei Porsche läuft die Restrukturierung wie eine Herzoperation bei vollem Bewusstsein: 1.900 Stellen werden abgebaut, Milliarden in Batterietechnologie investiert – und das operative Ergebnis stürzt parallel um 91 Prozent ab.

„Wir operieren am offenen Herzen, während wir Marathon laufen“, beschreibt ein Branchenexperte die Situation treffend.

Luxus wird zur Luxuslast

Besonders bitter: Ausgerechnet die profitabelsten Segmente schwächeln am stärksten. Mercedes‘ Maybach-Sparte und andere Top-Modelle erleben einen Nachfrageeinbruch, als hätten die Superreichen plötzlich ihr Interesse an deutschen Luxuskarossen verloren.

Der Grund liegt tiefer: In China setzen wohlhabende Käufer zunehmend auf lokale Luxusmarken oder Tesla. In den USA und Europa drücken wirtschaftliche Unsicherheiten auf die Kauflaune der Premium-Klientel. Gleichzeitig steigt der Preisdruck durch neue Wettbewerber, die deutsche Qualität zu chinesischen Preisen versprechen.

Die Flucht nach vorn: Strategien im Überlebenskampf

Trotz des Gegenwinds fahren die deutschen Hersteller nicht auf Sicht, sondern setzen auf offensive Strategien. BMW hält an seinem Geschäftsmodell fest und plant eine Produktoffensive mit 40 neuen Modellen bis 2027. Die „Neue Klasse“ mit Modellen wie dem iX3 soll die Wende bringen.

Mercedes setzt auf eine Doppelstrategie: Während das Unternehmen Kosten radikal senkt und die Produktkomplexität reduziert, investiert es massiv in E-Mobilität und behält gleichzeitig bewährte Verbrenner im Portfolio. Die Dividende wurde bereits von 5,20 auf 4,30 Euro je Aktie gekappt – ein deutliches Signal an die Aktionäre.

Der Volkswagen-Konzern justiert seine Erwartungen neu: Statt Wachstum wird jetzt Stabilität angestrebt. Die operative Marge soll bei bescheidenen 4-5 Prozent liegen, Investitionen fließen verstärkt in Elektrofahrzeuge und autonome Systeme.

Ausblick: Überleben im neuen Zeitalter

Was sich 2024 und 2025 bei den deutschen Automobilgiganten abspielt, ist mehr als eine zyklische Krise. Es ist der schmerzhafte Übergang von einer Ära deutscher Ingenieurskunst zu einem neuen Zeitalter, in dem Software, Vernetzung und lokale Marktkenntnis über Erfolg entscheiden.

Die Frage ist nicht mehr, ob sich die deutschen Premiumhersteller erholen werden – sondern in welcher Form. Die nächsten Jahre werden zeigen, ob BMW, Mercedes und Porsche den Sprung ins digitale Automobilzeitalter schaffen oder ob sie als warnendes Beispiel dafür eingehen, wie selbst die stärksten Marken von disruption überrollt werden können.

Die Zahlen von heute sind der Auftakt zu einer Transformation, die die deutsche Automobilindustrie für immer verändern wird. Der perfekte Sturm ist da – jetzt zeigt sich, wer schwimmen kann und wer untergeht.

Bjoern Habegger